„Aber schee is trotzdem g’wen“

Erzählcafé zum Leben der Holzhauer im Bayerischen Wald fand großen Anklang

Pressemitteilung Nr. 0128/14

Datum: 14.11.2014

Bereicherten das Erzählcafé mit Erzählungen und Informationen (v. l.): die früheren Holzhauer Hermann Ganserer, Otto Schettl, Karl Heidenreich und Hans Woldrich sowie die Ranger Thomas Drexler, Robert Schmid und Mario Schmid. (Foto: Pöhnl/Haslinger)

Bereicherten das Erzählcafé mit Erzählungen und Informationen (v. l.): die früheren Holzhauer Hermann Ganserer, Otto Schettl, Karl Heidenreich und Hans Woldrich sowie die Ranger Thomas Drexler, Robert Schmid und Mario Schmid. (Foto: Pöhnl/Haslinger)

Gut 120 Gäste – etwa dreimal mehr als sonst – hatten sich zum Erzählcafé im Glasmuseum Frauenau eingefunden, zu dem kürzlich die Nationalparkverwaltung Bayerischer Wald in Kooperation mit dem Vorstand des Bayerischer Wald-Vereins, sowie dessen Sektionen Frauenau und Lindberg eingeladen hatten. Im Mittelpunkt standen diesmal vor allem die Geschichten der drei früheren Holzhauer Hermann Ganserer aus Oberlindbergmühle, Hans Woldrich aus Buchenau und Otto Schettl aus Spiegelhütte, die sehr anschaulich von ihrer harten Arbeit und insbesondere vom winterlichen Schlittenzug berichteten.

Bis Anfang der 1970er Jahre wurde in den Forstämtern des jetzigen Nationalparkgebiets das im Sommer vorbereitete Holz im Winter mit von Menschenkraft gezogenen Schlitten ins Tal zu den Lagerplätzen gebracht, von wo aus es dann von Lastwagen weitertransportiert werden konnte. Im Erzählcafé erläuterte Hermann Ganserer den Besuchern, wie diese Schlitten gebaut waren und wie sie funktionierten. Zur besseren Anschauung hatte er einen Original-Schlitten mit dabei. Die Zuhörer erfuhren, dass es in der Region unterschiedliche Bautypen gab: den Böhmischen, den Zwieseler und den Bodenmaiser Schlitten. Letzterer unterschied sich von den anderen beiden vor allem durch eine größere Spurweite. „Wia bei der russisch‘n Eisenbahn mit ihren Breitspur-Schienen“, kommentierte Ganserer. Außerdem erklärte er verschiedene typische Holzhauerwerkzeuge, die er mitgebracht hatte, wie beispielsweise eine Sapie – eine Kombination aus Hammer und Wendehaken, die vor allem beim Holzrücken zum Einsatz kam –, eine Hobelzahnsäge, die typische Waldsäge vor den ersten Motorsägen, oder einen alten Reißmeter zum Ablängen des Rundholzes bei der Produktion von Meterholz.

Johann Woldrich ging auf die Arbeit auf den Schlittenzugbahnen ein. „Wenn’s in der Nacht wieder viel g‘schneit hat, mussten die Holzhauer zunächst die gesamte Bahn bis zum Rachel ausschaufeln“, berichtete er. Das konnte für die vier Holzhauer vom Forsthaus Schachten den ganzen Tag dauern. Oben angekommen war dort auch das Holz oft meterhoch eingeschneit. Deshalb markierten die Holzhauer die Blöcher, von Ästen befreite und entrindete Baumstämme, bereits im Sommer vorsorglich mit langen Stangen, damit diese im Winter wiederzufinden waren. „Eine einfache Arbeit war‘s nicht, aber schee is trotzdem g’wen“, so Woldrich. Besonders schwer wurde die Arbeit, wenn ein Schlitten umkippte und das Holz hangabwärts rollte. Dann mussten die langen Stämme oder das Scheitholz wieder zum Schlitten hochgeschleppt und aufgeladen werden. „Bis zu 40 Zentner hatten die Waldarbeiter hinter sich auf den Schlitten gepackt; schwere Unglücke blieben da leider nicht aus“, erzählte Otto Schettl.

Karl Heidenreich, damals Förster im Poschinger-Wald, schilderte den Tagesablauf der Holzhauer beim Schlittenzug. Sie brauchten einen ganzen Tag, bis sie die vorbereiteten Holzvorräte oben am Kleinen Rachel erreichten. Dort luden sie dann das Holz auf die Schlitten, übernachteten in der alten Poschinger-Diensthütte und brachten das Holz am nächsten Tag zum Lagerplatz an der „Kanalbrücke“. Holzhauer arbeiteten im Akkord. „Nach 14 Tagen bekamen sie im Wirtshaus ihr Geld“, berichtete Hermann Ganserer. Oft waren die Frauen mit dabei, die genau darauf schauten, wie viel ihr Ehemann im Vergleich zu den anderen Holzhauern bekam. Bekam einer weniger Lohn als andere, begründete er dies gegenüber seiner Frau mit besonders schweren Arbeitsbedingungen, die ihn diesmal daran gehindert hätten, mehr Holz zu transportieren. Abgerundet wurde das Erzählcafé durch eine Diaschau von Max Drexler aus Buchenau, der aus seinem großen Fotoarchiv eine Reihe von historischen Aufnahmen von den Buchenauer Holzhauern in Aktion mitgebracht hatte, unter anderem von Hans Woldrich, Max Drexler senior und Karl Hofmann.

Erzählcafés rund um die Geschichte und die Traditionen der Menschen im jetzigen Nationalparkgebiet finden in loser Folge seit 2007 statt. „Wir möchten damit insbesondere ältere Menschen aus der Region ansprechen und ihren Geschichten und Erfahrungen zum Leben in und mit dem Wald eine Plattform bieten. Natürlich freuen wir uns auch, wenn jüngere Menschen teilnehmen und für sie so die Alltagsgeschichte ihrer Heimat lebendig wird“, so Sabine Eisch, Mitarbeiterin der Nationalparkverwaltung und Initiatorin der Erzählcafés. „Die besonders rege Beteiligung in diesem Jahr freut uns sehr und zeigt, wie gut das Format mittlerweile angenommen wird“, so Eisch weiter. Auch die Vertreter des Waldvereins, der erste Vorsitzender Georg Pletl und die Mitorganisatoren Georg Jungwirth sowie Stefan Wagner von der Sektion Frauenau freuten sich über den großen Zuspruch und bekräftigten, die Erzählcafés auch gerne weiterhin zu unterstützen.

Bildunterschrift:

Bereicherten das Erzählcafé mit Erzählungen und Informationen (v. l.): die früheren Holzhauer Hermann Ganserer, Otto Schettl, Karl Heidenreich und Hans Woldrich sowie die Ranger Thomas Drexler, Robert Schmid und Mario Schmid. (Foto: Pöhnl/Haslinger)


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