Schutzgebiete in Russland - riesengroß und dennoch dem Zeitgeist unterworfen

Pressemitteilung Nr. 202/11

Datum: 28.12.2011

Einzigartige, völlig unberührte Naturlandschaften, wie hier beispielhaft im Altaigebirge, prägen die zahlreichen Wildnisgebiete und Nationalparke mit für Mitteleuropa riesigen Ausmaßen in den Weiten Russlands

Einzigartige, völlig unberührte Naturlandschaften, wie hier beispielhaft im Altaigebirge, prägen die zahlreichen Wildnisgebiete und Nationalparke mit für Mitteleuropa riesigen Ausmaßen in den Weiten Russlands

Mit Prof. Dr. Martin Müller konnte Organisator Dr. Jörg Müller von der Nationalparkverwaltung einen erstklassigen Fachmann als Referenten im Rahmen der Wissenschaftlichen Vortragsreihe im Waldgeschichtlichen Museum St. Oswald gewinnen.

Dr. Martin Müller selbst ist kein Unbekannter im Nationalpark Bayerischer Wald, hatte er doch maßgeblichen Anteil an der Entstehung der sogenannten Jobstudie „Der Nationalpark als regionaler Wirtschaftsfaktor“.

Schon zu Beginn seines hochinteressanten Vortrags konnte Prof. Dr. Müller seinem Publikum eine gute Vorstellung von der Größe Russlands geben, wo 100 Quadratkilometer wirklich keine Fläche sind.

Auch die Naturausstattung des Riesenreichs kann nur mit dem Wort „gigantisch“ einigermaßen richtig bezeichnet werden.

Fast alle natürlichen Vegetationszonen, von der Eiswüste über die Tundra bis hin zur Grassteppe, ziehen sich wie Gürtel äquatorial über die volle Länge des Landes von über 10.000 Kilometer. Große Höhendifferenzen von 26 Meter unter dem Meeresspiegel (Kaspisches Meer) bis 5.672 Meter über dem Meer (Elbrus) bewirken zusätzlich eine Steigerung der Naturausstattung und der Artenvielfalt.

22 % aller Wälder der Erde, Nadelwälder sogar 50 %, wachsen auf der Fläche Russlands. Mit dem Balkalsee besitzt Russland auch 20 % der weltweiten Süßwasserressourcen.

Diesen Superlativen stehen auch riesige Schutzgebietsflächen gegenüber. Alleine 102 Wildnisgebiete der Kategorie Ia/Ib der IUCN-Richtlinien mit der schier unvorstellbaren Fläche von 37,1 Millionen Hektar und 43 Nationalparken der Kategorie II, also wie der Nationalpark Bayerischer Wald, mit 9,3 Millionen Hektar sind in Russland ausgewiesen. Selbst in Anbetracht des großen Landes beträgt die Schutzgebietsfläche aber fast 3 % der Gesamtfläche Russlands. Zum Vergleich: die beiden bayerischen Nationalparke besitzen zusammen nur 0,5 % der Fläche Bayerns.

Prof. Dr. Müller machte jedoch auch deutlich, dass der Naturschutz in Russland in der Geschichte großen Schwankungen unterworfen war. Was 1916 mit der unter Schutzstellung des Balkalsees begann und fortwährend ausgebaut wurde, fand nach dem zweiten Weltkrieg ein jähes Ende. So sind unter Stalin im Jahr 1951 die streng geschützten Zapovedniki-Gebiete (Wildnisgebiete) auf nur noch 1/10 der Fläche reduziert worden. Doch bereits sieben Jahre später lebten viele Schutzgebiete, wenn auch zunächst mit reduzierter Fläche wieder auf. Nikita Chruschtschow eliminierte 1961 erneut einen großen Teil der Wildnisgebiete und Nationalparke, allerdings auch nur von geringer Dauer.

Sukzessive wurde bis Ende der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts ein Schutzgebiet nach dem anderen wieder seinem eigentlichen Zweck zugeführt, so dass 1985 bereits wieder der Stand von vor 1951 erreicht war.

In dieser Zeit nahm ein weiteres Nationalparkziel an Bedeutung zu: Erholung in der Natur.

Der strenge Naturschutzgedanke rückte dabei zunehmend in den Hintergrund. Die Basis bildeten kollektive Forstbetriebe. Zu einem regelrechten Nationalparkboom kam es ab den 1990er Jahren verbunden mit der Herausforderung einer naturschonenden touristischen Erschließung.

Mit dem danach enorm gestiegenen Touristenstrom erreichten die daraus erzielten Einnahmen Rekordhöhen. Die Gefahr einer Ausbeutung der Natur, z. B. ungeregelte Holzwirtschaft schien dadurch gebannt. Neu geplanter Großprojekte wie Pipelines für das in großen Mengen vorkommende Öl und Gas stellen die Naturschützer vor weitere Herausforderungen, zumal die für Schutzgebiete zuständige Behörde den Namen Ministerium für natürliche Ressourcen und Ökologie trägt.

In der Summe darf man festhalten: Trotz der riesigen Landfläche Russlands werden wir in Bezug auf die Wertschätzung der Schutzgebiete an Mitteleuropäische Verhältnisse erinnert, wo die Selbstüberlassung der Natur wegen vermeintlicher Nutzungsausfälle nicht Wenigen in der Seele schmerzt

Rainer Pöhlmann

Bildunterschrift:

Einzigartige, völlig unberührte Naturlandschaften, wie hier beispielhaft im Altaigebirge, prägen die zahlreichen Wildnisgebiete und Nationalparke mit für Mitteleuropa riesigen Ausmaßen in den Weiten Russlands

Foto: Dr. Martin Müller

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