Fantastischer Fledermausabend im Waldgeschichtlichen Museum St. Oswald

Pressemitteilung Nr. 004/10

Datum: 12.01.2010

Ihr gutes Hörvermögen erleichtert der Bechsteinfledermaus, Insekten zwischen den Blättern im Geäst zu orten und erfolgreich zu erbeuten.
Foto: Dietmar Nill

Ihr gutes Hörvermögen erleichtert der Bechsteinfledermaus, Insekten zwischen den Blättern im Geäst zu orten und erfolgreich zu erbeuten. Foto: Dietmar Nill

Forschungsergebnisse aus dem Nationalpark Bayerischer Wald garniert mit atemberaubenden Fotos aus aller Welt

(Pö) Einen solchen Ansturm hatte die wissenschaftliche Vortragsreihe der Nationalparkverwaltung im Waldgeschichtlichen Museum St. Oswald in ihrer fast 20-jährigen Geschichte noch nicht erlebt. Eine zusätzliche Stuhlreihe musste aufgestellt werden, um die über 100 Besucher aufzunehmen. Die mussten ihr Kommen nicht bereuen, sondern wurden, wie von Organisator Dr. Jörg Müller von der Nationalparkverwaltung in der Begrüßung angekündigt, mit zwei sich optimal ergänzenden Vorträgen belohnt.

Mit den „weltbesten Fledermausbildern“ (Zitat Dr. Müller) eröffnete der Naturfotograf Dietmar Nill die Veranstaltung und versetzte unter der Überschrift „Fledermäuse – eine Bildreise in die Nacht“ sein Publikum ständig aufs Neue in Erstaunen. Mit fantastischen Fotos über die Fledermäuse in allen Lebenslagen lüftete der begnadete Filmer Nill Geheimnis um Geheimnis der durch ihre nächtlichen Aktivitäten mehr im Verborgenen lebenden fliegenden Säugetiere.

Das Publikum „erlebte“ förmlich, welche Technik Fledermäuse anwenden, um im Flug aus Gewässern zu trinken oder wie „flügge werdende“ Jungtiere Flugübungen an den Schultern der Mutter absolvieren.
Als einzigartig bewerteten die Besucher Fotos über den Beutefang der Hufeisennase-Fledermaus. Bis ins letzte Detail zeigten die Aufnahmeserien, wie diese heimische Fledermausart z. B. Nachtfalter mit ihren Händen greift und dabei ihre Flughäute geschickt als Kescher benützt.

Dietmar Nill fesselte sein Publikum aber nicht nur mit einzigartigen Fotos aus dem Leben der Fledermäuse. Er stimmte mit einer bedrückenden Aussage auch sehr nachdenklich und verdeutlichte damit in drastischen Worten den früher sorglosen Umgang mit Umweltgiften: „Was die Evolution in 50 Millionen Jahren nicht schaffte, gelang DDT in nur zehn Jahren“. Auf diese Weise brachten inzwischen verbotene Insektizide über die Nahrungskette viele Fledermausarten an den Rand des Aussterbens.

Im zweiten Teil des Vortragsabends berichtete Milenka Mehr über ihre wissenschaftliche Arbeit mit Fledermäusen im Nationalpark Bayerischer Wald.
Frau Mehr hat sich zum Ziel gesetzt, herauszufinden, welchen Einfluss das Klima und die Landnutzung auf die Artenzahl und –zusammensetzung nehmen. Dass sie dabei den Nationalpark Bayerischer Wald als Untersuchungsgebiet wählte, hat vornehmlich mit den relativ unbeeinflussten natürlichen Flächen zu tun, aber auch mit dem für Mittelgebirge großen Höhenunterschied von 850 Metern. Zwei Fragen, nämlich „wie“ und „wo“ geforscht werden soll, musste Frau Mehr zu Beginn des Monitorings beantworten. Sie zog die akustische Methode mit Hilfe eines Batcorders, der die „Stimmen der Fledermäuse“ aufzeichnet, aber in zwei Fällen keine sichere Artbestimmung erlaubt, dem Netzfang vor, der zwar eine exakte Artbestimmung ermöglicht, aber aus Naturschutzgründen nicht ganz unproblematisch zu bewerten ist.
Das „Wo“ erstreckte sich auf 48 über den ganzen Nationalpark verteilte Standorte, von den Tallagen bis in die Hochlagen und von Freiflächen wie den Schachten und an Gewässern bis zum reich strukturierten geschlossenen Wald.
In der für dieses komplexe Forschungsprojekt bisher kurzen Zeitspanne einer Vegetationsperiode von Mai bis September 2009 gewann Frau Mehr mittels der unglaublich hohen Anzahl von 55.707 Aufnahmen bereits eine Fülle neuer Erkenntnisse.
So konnte sie unter anderem 17 der 22 in Bayern vorkommenden Fledermausarten im Nationalpark feststellen. Als häufigste Arten machte sie die Zwerg-, Nord- und Bartfledermaus aus.
Wer mit Fledermäusen automatisch schöne lauschige Nächte verbindet, war überrascht zu hören, dass alle festgestellten Arten auch im rauen Klima oberhalb 1200 Meter Seehöhe vorkommen und dort auch jagen. Damit konnte Frau Mehr, zusammen mit anderen Faktoren, belegen, dass die vorherrschenden Klimabedingungen sich nur zu 10 % auf den bevorzugten Lebensraum auswirken. Ganz anders verhält es sich bei der Landnutzung, die zu 72 %, also fast allein entscheidend, gilt.
Dabei steht das Vorhandensein von Gewässern und Freiflächen im Vordergrund. Alle Arten lieben die Nähe von Wasser, das sie in gekonnter Technik im Fluge zum Trinken aufnehmen. Dass Freiflächen jeglicher Ausformung, also auch Wegschneisen und Windwurfflächen eine wichtige Rolle für das Leben der Fledermäuse spielen, ist nahe liegend, denn dort lässt es sich leichter jagen und auch Beutetiere, i. d. R. Nachtinsekten, kommen dort bevorzugt vor.
Nur die sog. „Gleaner“ unter den Fledermäusen, das sind insbesondere die Bechsteinfledermaus und das Große Mausohr, jagen vornehmlich im reich strukturierten Wald. Ihr besonders gut ausgebildetes Hörvermögen hilft ihnen dabei, Insekten zwischen den Blättern im Geäst zu orten und erfolgreich zu erbeuten.

Als erstes Fazit ihrer noch nicht abgeschlossenen Forschungsarbeit nannte Frau Mehr die vergleichsweise hohe Artenzahl an Fledermäusen in unseren eher kühlen Wäldern, und dass nicht das Klima, sondern die Waldstruktur und das Nahrungsangebot großen Einfluss darauf nehmen, welche Fledermausarten wo leben.
Wir dürfen also gespannt sein, was Frau Mehr bei ihren weiteren Forschungen in diesem Jahr Neues aus dem Leben der Fledermäuse bei einem späteren Vortrag im Waldgeschichtlichen Museum St. Oswald berichten und vorweisen kann.

Bildunterschrift:
Ihr gutes Hörvermögen erleichtert der Bechsteinfledermaus, Insekten zwischen den Blättern im Geäst zu orten und erfolgreich zu erbeuten.
Foto: Dietmar Nill  


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